Die ersten Parteien haben ihre Wahlprogramme veröffentlicht. Die endgültigen Fassungen stehen zwar noch nicht, doch die Entwürfe vermitteln bereits einen guten Eindruck, wohin die Reise für die Wohnungswirtschaft gehen soll. Beim Lesen der Programme aus dem rot-rot-grünen Lager kommt einem unweigerlich der Kabarettist Volker Pispers in den Sinn: „Ist der Feind bekannt, hat der Tag Struktur!“ Oder eben das Wahlprogramm.
Und der Feind ist besonders bei der LINKEN klar definiert: der Vermieter und Immobilieneigentümer. Dementsprechend wird auch rhetorisch ordentlich aufgerüstet: Die Linken sprechen von Mietenwahnsinn und Erpresserwerkzeugen und stellen Forderungen wie „Keine Rendite mit der Miete“, „Zuhause für alle!“ „Immobilienkonzerne an die Kette legen!“ und „Klimagerechtigkeit statt Verdrängung“, die zwar sehr eingängig, aber leider sehr ideologie- statt faktengetrieben sind.
Ähnlich populistisch lesen sich die geplanten politischen Maßnahmen. Vorgesehen sind unter anderem: die Enteignung von großen Immobilienunternehmen wie die Deutsche Wohnen, ein bundesweiter Mietendeckel, das Erschweren von Eigenbedarfskündigungen sowie ein Verbot von Räumungen in die Wohnungslosigkeit und die Abschaffung der Modernisierungsumlage bei gleichzeitiger Sanierungsoffensive. Zudem soll es für Mieter das Recht auf Mietstreik geben. Auch interessant: Der Linken liebstes Kind, die Hausbesetzung, soll nicht nur legalisiert werden, im Falle von Besetzungen, die über ein Jahr andauern, soll es zudem ein dauerhaftes Wohnrecht geben.
Dies ist nur ein kleiner Auszug aus dem Programm, doch die politische Stoßrichtung ist eindeutig: Wohnen muss dem Markt entzogen werden und dabei werden die Eigentumsrechte von Vermietern mit Füßen getreten. Und wer sich diesem Diktat entziehen und sein Eigentum verkaufen möchte, soll ordentlich zur Kasse gebeten werden, denn die Linken wollen auch Privatverkäufe von Immobilien, die länger als 10 Jahre gehalten wurden, besteuern. Damit wird die Immobilie als besonders für den Mittelstand wichtige Säule des Vermögensaufbaus und der Altersvorsorge vollends unrentabel.
Mietendeckel durch die Hintertür
Im Wahlprogramm der Grünen sieht es leider nicht viel besser aus. Zwar ist kein Mietendeckel à la Berlin vorgesehen, sehr wohl ist die Rede aber von einer Mietobergrenze. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels begrenzt werden. Der Teufel liegt hier im Detail: Besagter Mietspiegel soll ausgeweitet werden und alle Mietabschlüsse der letzten 20 Jahre einspeisen. Laut Berechnungen des IVD würden als Folge die Mieten in Deutschland um durchschnittlich 18 Prozent sinken. Damit würde die Vermietung auch ohne einen Mietendeckel unwirtschaftlich werden. Ebenfalls problematisch: Die Grünen wollen die Modernisierungsumlage zwar nicht abschaffen, jedoch noch weiter absenken und auf maximal 1,50 Euro pro Quadratmeter begrenzen. Gleichzeitig wird jedoch eine „Klima-Sanierungsoffensive“ bei Gebäuden angestrebt. Wer die bezahlt, ist damit klar.
Und ebenso wie die Linken, wollen auch die Grünen stärker in die Eigentumsrechte von Immobilienbesitzern eingreifen. So soll es Mietern erleichtert werden, ihre Wohnungen samt den bestehenden Verträgen zu tauschen. Wie genau man sich das vorzustellen hat und inwieweit dadurch die Vertragsfreiheit von privaten Vermietern einschränkt wird ist unklar. Darüber hinaus soll es eine Pflicht für Eigentümer geben, ein Grundstück zu bebauen, sollte in der betreffenden Kommune Wohnungsnot herrschen, und auch gegen Fehlnutzungen und den Leerstand von Wohnraum wollen die Grünen vorgehen
Etwas gemäßigter geht es bei der SPD zu, die grundsätzliche Stoßrichtung stimmt jedoch mit Linken und Grünen überein. Auch die Sozialdemokraten wollen die Mieten begrenzen. Das Werkzeug ihrer Wahl: Für bestimmte Zeit sollen Mieten in angespannten Wohnlagen nur im Rahmen der Inflationsrate erhöht werden. Eine genaue Definition einer „angespannten Wohnlage“ wird jedoch nicht geliefert. Auch der Mietenspiegel soll ausgeweitet werden, aber immerhin auf nur acht Jahre.
Ein durchgehend ignorierter Fakt: Die Politik ist Preistreiber
Die Möglichkeit einer rot-rot-grünen Regierung wird inzwischen offen diskutiert. Für Immobilieneigentümer wäre dies jedoch eine verheerende Konstellation, denn alle drei Parteien befürworten die typischen populistischen Instrumente, die Eigentümern das Vermieten schwer und die Investition in Wohnraum zum wirtschaftlichen Risiko machen.
Die Forderungen sind zum Teil nicht nur widersprüchlich, sondern verkennen auch wichtige faktenbasierte Kausalzusammenhänge. Es sind nicht die privaten Vermieter, die in Deutschland immer noch rund 60 Prozent aller Vermieter ausmachen, die die Preise für Wohnraum in die Höhe treiben, sondern vor allem Verordnungen und Regularien der Politik, die das Bauen und damit die Investitionskosten und schließlich die Mieten verteuert haben. So gibt es in Deutschland inzwischen rund 20.000 Bauvorschriften. Dazu kommen noch die Klimaschutzauflagen.
Bereits 2018 kam ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu dem Ergebnis, dass die Kosten je Quadratmeter Wohnfläche im Geschosswohnungsbau von 2000 bis 2014 um 39 Prozent gestiegen sind. Davon gehen rund 15 Prozent auf die Verschärfung von staatlichen Vorgaben und Anforderungen wie etwa EnEV 2013 zurück.
Viele dieser Regularien sollen unter dem Deckmantel des Klimaschutzes nun noch verschärft werden. Der Vermieter wird damit als Verursacher und als entscheidende Stellschraube für fast alle Probleme gesehen: die Wohnungsnot, den Klimawandel, soziale Ungleichheit, etc.
Darüber hinaus wird von der Politik ignoriert, dass Immobilien und die Bildung von Wohneigentum eine der wichtigsten Säule der Altersvorsorge sind. Wir erinnern uns: Im europäischen Vergleich ist Deutschland mit einer Eigentumsquote von 51 Prozent ein Schlusslicht. Zum Vergleich: In Rumänien, Ungarn oder der Slowakei besitzen mehr als 90 Prozent der Bevölkerung Wohneigentum. In Kombination mit einem stetig sinkenden Rentenniveau ist diese Entwicklung in Deutschland eine gesellschaftliche Vollkatastrophe, besonders für die jüngeren Generationen.
Deswegen: Augen auf beim Kreuzchen machen!
Die meisten Programme lesen sich zwar nicht mal eben nebenbei. Das Programm der Linken ist zum Beispiel stolze 162 Seiten lang, das der Grünen umfasst 136 Seiten. Trotzdem sollten Immobilieneigentümer und alle politisch Interessierten einmal einen Blick hineinwerfen und ihre Wahlentscheidungen nicht nur auf Basis oberflächlicher Interviewaussagen treffen. Denn: Vier Jahre können lang sein und die Weichen, die in dieser Zeit gestellt werden, eventuell nicht mehr rückgängig zu machen sein.
Oliver Moll