Grundsätzlich freuen sich Hamburger Hausverwalter auf die großen Ferien. Endlich Zeit, die administrativen Vorgänge aufzuarbeiten und den Schreibtisch so richtig „auszumisten“. Es sind einfach weniger Mieter in der Stadt die anrufen, mailen oder Briefe schreiben.
Im Gegensatz dazu ist diese Zeit für die Hamburger Hausmakler eher die „Sauregurkenzeit“.
Doch in diesem Sommer ist es irgendwie anders.
Die Hausverwalter kämpfen mit immer neuen Regularien (Stichworte sind da Blei, EnEV, Druckdichtigkeitsprüfung, unsinnige Formulare für Darlehensanträge – Kennen Sie FATCA?, KfW-Bestimmungen, Anträge für Zuschüsse der Investitionsbank, Mietpreisbremse, Widerrufsrecht auch bei Mietverträgen und Mieterhöhungen und, und, und).
Die Makler hingegen finden nach wie vor wenig Objekte für den Verkauf. Zudem kommen immer mehr ehemalige Blumenhändler und Friseure auf die Idee, sich als Makler selbständig zu machen. Nebenher muss dann der Makler noch ahnungslosen Verbrauchern das Widerrufsrecht und frustrierten Eigentümern die EnEV erklären, während die neue Konkurrenz auf alle Vorschriften „pfeift“ und einfach mal losmakelt.
Mit anderen Worten: Die Geschäfte bedürfen einiger Fachkenntnisse und Marktdurchdringung, um erfolgreich zu sein. Leichter wird es nicht, wurde es aber auch noch nie.
Also zum Markt:
Der Grundstücksmarktbericht für Hamburg ist veröffentlicht. Das Segment der Zinshäuser hat sich mit 411 Transaktionen wieder auf dem langzeitigen Durchschnitt der Verkäufe (zwischen 400 und 450 Stück pro Jahr) eingependelt. Soweit ein normales Jahr. Davon sind allerdings deutlich weniger Verträge als in der Vergangenheit professionell begleitet worden. D.h. es gibt relativ viele Geschäfte, die Laien unter sich gemacht haben. Wir gehen davon aus, dass bei diesen Käufen eine Courtage dennoch „eingepreist“ wurde. Wir wissen ferner aus aktuellen Beratungsfällen sicher, dass hierbei häufig handwerkliche Fehler gemacht wurden, die nur schwer zu korrigieren sind. Das heißt, diese Geschäfte liefern durch die eingepreiste Courtage auch einen Hinweis, warum die Preise der Zinshäuser so stark anziehen. Hinzu kommt, dass sich das Mietniveau der Häuser im langjährigen Vergleich maßgeblich erhöht hat. Auch dies äußert sich naturgemäß sehr stark in den absoluten Preisen.
Interessant ist, dass sich die Rohertragsvervielfältiger in einfachen, normalen und guten Lagen im Vorjahresvergleich kaum bewegt haben, hingegen in bevorzugten Lagen den Boden einer objektiv nachvollziehbaren Investmentkalkulation verlassen haben. Dies bedeutet in Zahlen:
einfache Lagen (Billstedt, Horn, Wilhelmsburg) zwischen 15 und 17-fach
normale Lagen (Fuhlsbüttel, Hamm, Wandsbek, Rahlstedt) zwischen 16 und 19-fach
gute Lagen / Trendlagen (St. Pauli, Schanze, Altona, St. Georg, Lokstedt, Uhlenhorst, Eimsbüttel) zwischen 19 und 23-fach
bevorzugte Lagen (Harvestehude, Rotherbaum) bis zum 48,6-fachen
Während Faktoren bis zum 23-fachen je nach Lage, Alter und Zustand der Immobilie objektiv nachvollziehbar sind, bedeutet das 48,6-fache für den Erwerber, bei angenommenen 12,5% Ankaufskosten und einem Reinertrag von 80% der Netto-Miete, eine Nettoverzinsung von nur noch 1,46%. Solche Verzinsungen sind dann nur noch als generationenübergreifendes Projekt verständlich.
Aber immerhin gibt es solche Verkäufe. Auch wenn wir seit einigen Monaten eine Seitwärtsbewegung beobachten. Die Nachfrage ist nicht mehr ganz so „heiß“ wie zum gleichen Datum im letzten Jahr. Auch sind die Mietsteigerungsphantasien deutlich skeptischer geworden. Hier sind Bremsspuren durch die Diskussion der Mietpreisbremse und die erfolgte Reduktion der Kappungsgrenze feststellbar. Auch gewöhnen sich die Menschen langsam an die Niedrigzinsen, die Inflationsangst sinkt. Das zuletzt gestiegene Vertrauen in die Aktienmärkte hat zudem Eigenkapital abgezogen, welches aktuell, als Folge der Ukrainekrise und ihrer Auswirkungen auf die Börsen, jedoch gerade wieder zurück kommt.
Mein Fazit:
Der Markt für Zinshäuser ist angebotsseitig nach wie vor eng. Dennoch werden die Nachfrager vorsichtiger und überlegter in ihren Entscheidungen. Der Rückgang von Eigenkapital und die mietrechtliche Debatte machen sich in längeren Vermarktungszeiträumen sowie überlegteren Kaufentscheidungen bemerkbar. Auch die Mieten verharren auf „Peak“ und befinden sich in einer Stagnationsphase. Daher sind die wichtigen Verkaufsvervielfältiger in eine Seitwärtsbewegung eingetreten. Welche Richtung der Markt in den kommenden Monaten einschlägt, wird wesentlich von aktuellen konjunkturellen und geopolitischen Entwicklungen abhängen.
Also: Auf in den Herbst! Wir werden sehen, was das Jahresendgeschäft noch bringt. Rechtzeitig die Winterreifen aufziehen. Es könnte glatt werden.
Oliver Moll