SONNTAG 21.08.2016 | Die Welt: Wohnimmobilienkreditrichtlinie

Wohnimmobilienkreditrichtlinie: Neue Kredit-Regeln bringen Nachteile

Bei der Umsetzung der europäischen Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) ist die deutsche Politik übers Ziel hinausgeschossen. Die seit dem 21. März 2016 geltenden, neuen Rahmenbedingungen bei der Kreditvergabe sollen Verbraucher stärker vor einer finanziellen Überlastung schützen. Banken, die die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden nicht ausreichend prüfen, werden künftig sanktioniert. Der Haken an der eigentlich guten Sache: Von nun an ist die Höhe des Einkommens bei der Kreditwürdigkeitsprüfung ausschlaggebend. Und das trifft vor allem junge Familien und Rentner.

Weg zum Wohneigentum ist steinig

Der Weg zum Wohneigentum ist für junge Menschen deutlich steiniger geworden. Aus Sicht der Banken fehlt ihnen für einen Kredit nun oft ein ausreichendes Haushaltseinkommen, zum Beispiel, wenn aufgrund von Elternzeit nur ein Partner Vollzeit arbeitet. Wer die Entscheidung der Bank mit dem Argument „Aber das Haus dient dann doch als Sicherheit!“ anficht, wird enttäuscht. Genau das tut es seit März nämlich nicht mehr. Und hier liegt das größte Versäumnis der Politik: Denn eigentlich sieht die EU-Richtlinie eine Ausnahmeregelung vor, die bei Bau- oder Renovierungsvorhaben dem Sicherheitenwert eine entscheidende Rolle bei der Kreditvergabe zugestanden hätte. Aber, im Gegensatz zu ihren österreichischen Kollegen, haben die deutschen Politiker diese Regelung aus unerfindlichen Gründen vernachlässigt.

Auch älteren Jahrgängen, die ihr Eigenheim sanieren oder altersgerecht umbauen möchten, wird der Zugang zu einem Darlehen erschwert. Selbst eine abgezahlte Immobilie wird nicht mehr als Sicherheit berücksichtigt. Nach den neuen Vorgaben müssen Banken zudem auch darauf achten, dass der Kreditnehmer das Darlehen innerhalb der statistischen Lebenserwartung zurückzahlen kann. Bei einem heute 65-Jährigen beträgt diese 78 Jahre. Das könnte für manch einen Rentner schon knapp werden. Und im Zweifel gewährt die Bank schlicht keinen Kredit.

 Versagen der deutschen Bürokratie

An der Umsetzung der WIKR zeigt sich: Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht. Und dieses Mal kann man die Schuld beim besten Willen nicht in Brüssel suchen. Die deutsche Politik sollte dringend nachbessern und diese übertriebenen Hürden, die den Verbrauchern nur schaden, beseitigen.

Oliver Moll
Moll & Moll Zinshaus GmbH

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