Quartiersentwicklung gegen den Wohnungsmangel
Auch wenn die Schlagzeilen zuletzt anders lauteten, eine Wohnungsnot gibt es in Hamburg (noch) nicht. Der Eindruck entsteht, weil Anspruch und Wirklichkeit bei vielen Mietern nicht zusammenpassen: Eine modernisierte Drei-Zimmer-Wohnung mit Balkon für 600 Euro Kaltmiete ist in Eimsbüttel, Winterhude oder Altona einfach nicht zu haben. Die Bezirke nordwestlich der Elbe bieten eine gut ausgebaute Infrastruktur, sehr gute Schulen und gefühlt ein hohes Maß sozialer Sicherheit. Entsprechend hoch sind hier sowohl die Nachfrage als auch die Mieten, wenn Wohnungen neu an den Markt kommen.
Rahlstedt statt Rotherbaum
Anders sieht es im Osten und Süden der Stadt aus. In Harburg oder Neugraben-Fischbek zum Beispiel bekommt man für 600 Euro drei Zimmer, frisch renoviert und mit großem Balkon. Trotzdem sind diese Lagen bei finanziell nicht allzu schlecht gestellten Mietern unbeliebt. Die Gründe: schlechte Anbindungen an die City, schlechtere Schulen, eine niedrigere gefühlte Sicherheit und, ja, ein hoher Migrantenanteil. Solche Feststellungen sind zwar politisch inkorrekt, aber auch ein Teil des Problems.
Stadtentwicklung muss Entwicklung der Infrastruktur sein. Nach Nord-Ost und Süd
Hamburg ist ein gespaltener Immobilienmarkt mit klar definierten „guten“ und vermeintlich „schlechten“ Quartieren. Daher ist, neben dem Neubau, die zweite wichtige Komponente bei der Bekämpfung der wahrgenommenen Wohnungsnot die Entwicklung bisher vernachlässigter Stadtteile. Neben dem „Bündnis für das Wohnen“, das sich dem Neubau verschrieben hat, bräuchte es darum eigentlich auch ein „Bündnis für Infrastruktur“. Doch dafür müsste die Politik viel Geld in die Hand nehmen und in Bereiche investieren, die auf der Einsparliste gerade ganz weit oben stehen. Da macht man dann lieber „Bündnisse für die Quartiere“ (www.buendnis-fuer-quartiere.de), wo die Eigentümer mit Anwohnern über die Sauberkeit von Parks oder neue Eisdielen diskutieren und die Behörden lang bekannte Mängel in Protokollen der Bürgerbeteiligung „versenken“.
Unnützer politischer Aktionismus
Solcher Aktionismus hilft wenig. Würde man die Projektkosten gleich für das Offensichtliche ausgeben, wären viele Themen, die die Anwohner bewegen, schon längst erledigt. Stattdessen fährt erst mal ein umgebauter Kioskwagen los und sammelt Informationen. Solche Ansätze sind gut, aber sie lösen eben nicht die strukturellen Probleme. Dafür braucht es bedeutend mehr finanzielle Mittel und konkrete Strukturinvestitionen seitens der Stadt. Aber dafür muss man natürlich über den Wahlzyklus hinausdenken.
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