Montag, 23.01.12 | 2011: Ein fast normales „Zinshaus-Jahr“

Im Schnitt der Jahre wurden in Hamburg stets um 450 Zinshäuser gehandelt. Veränderungen dieser Größe um plus / minus 100 Stück sind dabei nicht ungewöhnlich. Mit wahrscheinlich rund 480 verkauften Objekten war 2011 daher ein normales Jahr.

Allerdings verändert sich diese Sichtweise, sofern der Blick auf die anhaltend hohe Nachfrage und die im Markt erzielten Kaufpreisfaktoren fällt. Auch sind viele Kaufinteressenten 2011 nicht zum Zuge gekommen. Entweder weil sie zu langsam waren, zu stark pokerten oder weil sie schlicht bewährten Entscheidungsrastern folgten, die im derzeitigen Markt nicht funktionieren. Da wir, nach wie vor, einen reinen Verkäufermarkt hatten und haben, verlieren defensiv oder konservativ eingestellte Ankaufsstrategien im Wettbewerb um die Verkäufer.

Die Faktoren sind auch in 2011 weiter stark gestiegen. Sie galoppieren von Allzeithoch zu Allzeithoch. In mittleren Lagen (Barmbek, Stellingen) ist 16-fach die Regel und in guten Lagen (Eimsbüttel, Hohenfelde) geht es beim 18-fachen erst los. Spitzenlagen (Othmarschen, Rotherbaum) beginnen beim 21-fachen. Daher werden die Fragen nach dem Kaufpreis je m²-Wohnfläche und nach dem „Wievielfach von Was?“, also nach Potential sowie Anlageziel des Käufers, für die Kaufpreisfindung wesentlich. Das Zwanzigfache wird nur Akzeptanz finden, wenn entweder ein erhebliches Mietsteigerungspotential besteht oder aber die Immobilie einen geringen Instandhaltungsbedarf für die nächsten Jahre erwarten lässt. Daher ist die gute Nachricht für leer ausgegangene Kaufinteressenten, dass auch nicht alle Forderungen der Verkäufer 2011 durchsetzbar waren. Verkäufer die versuchen mit unsanierten Objekten Höchstpreise zu erzielen, welche für sanierte Objekte tatsächlich gezahlt wurden, scheitern im Markt. Eine gewisse Beratungsresistenz ist dabei verständlich, werden in der Gerüchteküche doch immer wieder fantastische Höchstpreise „erzielt“. Da wird schnell mal „für das Dreißigfache“ verkauft. Genaue Recherchen ergeben dann, dass es sich um ein unsaniertes Objekt mit sehr niedrigen Mieten gehandelt hat und eigentlich auch „nur“ Achtzehnfach gezahlt wurde. Dreißigfach ergibt sich erst aus einem Besserungsschein, den der Verkäufer erhalten hat und welcher erst nach erfolgreicher Aufteilung und vollständigem Verkauf der dann sanierten Wohnungen gezahlt wird. Das ist manchmal eine gute Lösung, führt aber bei einigen Verkäufern zu falschen Vorstellungen über den Markt und in der weiteren Folge zu „totbeworbenen“ Objekten, die zunehmend unverkäuflich werden. Die Wahrscheinlichkeit für falsche Preisentscheidungen nimmt somit für beide Seiten zu. Transparenz und Markterfahrung werden zunehmend für beide Seiten wichtiger.

Wer waren 2011 die Akteure und was haben diese anhand welcher Kriterien gekauft? Die Profis haben Objekte mit Instandhaltungsstau und relativ niedrigen Mieten gesucht. Ziel dieser Gruppe ist es, Mietsteigerungen zu erreichen und dann entweder das Objekt zu einer deutlich höheren Verzinsung als zum Ankaufszeitpunkt im Bestand zu halten oder das Objekt schnell Aufzuteilen und Gewinne zu realisieren. Für diese Kaufinteressenten ist der Faktor eher Nebensache. Der Kaufpreis je m² Fläche, zuzüglich zu erwartender Investitionskosten für einen schnellen Abverkauf, ist die entscheidende Größe. Und in den allermeisten Lagen werden von diesen Käufern Preise jenseits der 2.100 €/m² eher selten und nur unter Nebenforderungen wie Besserungsscheinen, verlängerten Zahlungsfristen oder Verkäuferhypotheken gezahlt. Die andere Gruppe von Interessenten sind die „fachkundigen Laien“. Diese wollen Eigenkapital zu einer erträglichen Verzinsung langfristig sicher anlegen. Angesichts der Gefahren am Kapitalmarkt geben sie sich mit einer historisch niedrigen Verzinsung zufrieden, so lange die Immobilie heil und gut belegen ist. Beide Gruppen suchen grundsätzlich völlig unterschiedliche Arten von Immobilien und haben unterschiedliche Entscheidungsrater. Das sollten Verkäufer beachten. Denn eine der beiden Gruppen wird ihr Objekt wahrscheinlich sehr uninteressant finden und in Gesprächen „abwerten“. Wichtig für Verkäufer ist damit eine klare Objekt- und Marketingstrategie. Wer Höchstpreise erzielen will, wird wohl um Sanierungen nicht herum kommen, denn die „Laien“ zahlen in der Regel deutlich höhere Preise, als die Profis. Für die „Laien“ steht eben Sicherheit im Vordergrund und die darf gern auch etwas kosten, soweit sie echt ist. Es bleibt aber abzuwarten, ob dieses Verhalten anhält, wenn die Finanzkrise immer „normaler“ wird und sich die Kapitalmärkte beruhigen.