Donnerstag, 08.09.11 | Immobilienmarktbericht Hamburg 2011 – Eine Zusammenfassung

Der „Immobilienmarktbericht Hamburg 2011“ des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Hamburg wurde diese Woche vollständig veröffentlicht. Der Marktbericht kann unter www.geoinfo.hamburg.de oder über die Mailadresse info@gv.hamburg.de bestellt werden. Er enthält eine Auswertung aller Verkäufe für das Jahr 2010. Der Bericht erlaubt Rückschlüsse auf das aktuelle Marktgeschehen und gibt wertvolle Hinweise. Zu beachten ist, dass alle Daten und genannten Preise unter bestimmten Bedingungen stehen, die im individuellen Einzelfall fachkundig anzupassen sind. Die ungeprüfte Übernahme der im Bericht enthaltenen Daten ist daher ohne sachverständige Beratung nicht ohne Risiko. Über die für den Zinshausmarkt relevanten Daten und Fakten geben wir nachstehend einen Überblick.

Der Gutachterausschuss teilt mit, dass 2010 die Preise für Mehrfamilienhäuser deutlich angestiegen sind. Sie lagen im Schnitt bei 1.599 €/m² Wohnfläche. Dies ist eine Steigerung um 17 % zu 2009. Im Mittel wurde für ein Hamburger Zinshaus das 16,0-fache der Jahresnettokaltmiete gezahlt. Dies entspricht einer Bruttoanfangsrendite von 6,25%.

Es wurden insgesamt 459 Mehrfamilienhäuser gehandelt. Für den Preis je m² Wohnfläche hat der Gutachterausschuss jedoch nur 202 Objekte auswerten können. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass in den Kaufverträgen keine Angaben zur Fläche gemacht wurden. Dies ist bedauerlich, da der Preis je m² Wohnfläche ein wesentliches Indiz in der Bewertung von Kaufpreisforderungen ist, sofern man ihn in Relation zu Kaufpreisfaktor und Nettomiete setzt. Es wäre daher wünschenswert, wenn alle Akteure am Markt diese wichtige Information dem Ausschuss zur Verfügung stellen würden. Da hier weniger als 50 % aller gehandelten Objekte ausgewertet werden konnten, und diese auch nicht hinsichtlich der Lage in den Stadtteilen sortiert sind, ist hinsichtlich einer ungeprüften Übernahme zur Vorsicht zu raten. Auch die ermittelte Spanne über alle Objekte von 400 € je m² bis hin zu 6.786 € je m² ist bedenklich. Leider gibt der Bericht keine Information zur statistischen Relevanz oder dem Streuungsintervall der Werte. Der Mittelwert dieser Auswertung liegt bei den bereits genannten 1.599 € je m² Wohnfläche.

Valider sind die Aussagen im Bereich der Ertragsfaktoren. Hier konnten immerhin 342 der gezählten 459 Verkaufsfälle ausgewertet werden. Beachtlich ist auch hier, dass anscheinend in einem Viertel aller Verkäufe keine Angaben zur Miete gemacht wurden. Dies ist umso überraschender, als das heutzutage die Mieten eigentlich schon fast standardisiert durch den Verkäufer im Kaufvertrag zu garantieren sind. Eines der wichtigsten Auswertungsergebnisse im Bericht ist das Verhalten der Kaufpreisvervielfältiger zu den erzielten Mieten. Je mehr die tatsächlichen Mieten den Mietenspiegelmittelwert übersteigen, umso kleiner wird der Ertragsfaktor. In dieser simplen Aussage steckt die Erkenntnis, dass das Mietsteigerungspotential und damit die Chance auf Wertsteigerungen der Immobilie umso geringer sind, je höher die tatsächlichen Mieten über dem Mietenspiegelmittelwert liegen. Über alle ausgewerteten 342 Objekte liegt das gewichtete Mittel der Ertragsfaktoren bei 16,0-fach. Für Objekte, welche ohne Teilungsabsicht erworben wurden, liegt der Vervielfältiger beim 15,7-fachen.

Ferner lässt sich deutlich ein Zusammenhang zwischen Vervielfältiger und Bodenwert erkennen. Mit dieser Art der Auswertung gibt der Marktbericht dem fachkundigen Leser wichtige Hinweise für die konkrete Ermittlung objektspezifischer Ertragsfaktoren. Diese Ermittlung erfordert einiges an wertermittlungstechnischem Fachwissen, da der Bodenrichtwert zum 1.1.2004 und die Geschossflächenzahl nebst dem Mietenspiegelmittelwert hierfür konkret zu ermitteln sind. Dies übernehmen wir für unsere Kunden im Beratungsgespräch.

In nur 123 Fällen war dem Gutachterausschuss das Baujahr der gehandelten Objekte bekannt. Nach unserer Einschätzung eine zu niedrige Zahl, um hier wirklich statistisch relevante Aussagen treffen zu können. Immerhin lag das Baujahr der erfassten Objekte zum überwiegenden Teil vor 1959 und in mittleren bis bevorzugten Lagen.

Die Anzahl der gehandelten Objekte nahm von 386 Stück in 2009 auf 459 Stück in 2010 zu. Sie liegt damit wieder auf einem normalen Niveau. Auffällig ist die relativ hohe Zahl von Objekten welche südlich der Elbe in Harburg, Wilhelmsburg, Heimfeld und Wilstorf gehandelt wurden und damit außerhalb der klassischen „Zinshausreviere“ innerhalb des Ring 2 liegen. Allein in den vorgenannten südlichen Stadtteilen wurden 70 Objekte umgesetzt, mithin 15% des Stückumsatzes. In Altona-Altstadt / Altona-Nord, Bahrenfeld, Ottensen, Eimsbüttel, Sternschanze und St. Pauli wurden 86 Objekte gehandelt. In Barmbek-Süd, Barmbek-Nord, Winterhude und Eilbek sind 58 Verkäufe registriert worden. Auch in Bergedorf, Rahlstedt und Horn wurden signifikante Umsätze von je mehr als zehn Stück getätigt.

Der Preisindex für Mehrfamilienhäuser 1992 = 100 ist von 104 auf 113 Punkte gestiegen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass er von 2001 bis 2007 im Wesentlichen im Bereich von 97 Punkten stagnierte. Umso gewichtiger ist der Preisanstieg für den Zeitraum von 2007 (97 Punkte) auf 2010 (113 Punkte) zu werten.

Im für die Wertermittlung gedachten Teil des Marktberichtes, stellt der Gutachterausschuss dezidierte Berechnungsformeln für Sachverständige zur Verfügung. Hiermit ist es uns möglich, den individuellen Verkaufspreis oder die Berechtigung einer konkreten Forderung im Rahmen von Ankaufsberatungen zu überprüfen. Dabei spielen neben den Liegenschaftszinssätzen auch die sogenannten Stadtteilfaktoren, die Lageeinschätzung und das konkrete Verhältnis der tatsächlichen Nettokaltmieten zum Mietenspiegelmittelwert eine gewichtige Rolle. Selbst die je nach Alter und Sanierungsstand unterschiedlichen Instandhaltungskostenansätze lassen sich aus den zur Verfügung gestellten Daten berechnen.

Dass dem Gutachterausschuss nicht alle für die Bewertung von Zinshäusern wichtigen Kerndaten zur Verfügung gestellt wurden, ist schade. Wir können hier nur an alle Akteure appellieren, dies in Zukunft zu tun. Nur so kann eine ausreichende Markttransparenz erreicht werden, welche Käufern und Verkäufern eine sachgerechte Entscheidungsfindung ermöglicht.

Hamburg, 8. September 2011

Oliver Moll