Bundestagswahl 2017: Was kommt auf die Immobilienwirtschaft zu?
Die aktuelle Legislaturperiode hielt für die Immobilienwirtschaft einige böse Überraschungen bereit. Die Politik hat eine Vielzahl gesetzlicher Regulierungen und Reformen beschlossen, die erhebliche, meist negative Auswirkungen für Immobilienbesitzer haben. Die beiden Mietrechtsreformen, inklusive Mietpreisbremse und geplanter Mietspiegel-Erweiterung, sowie EnEV 2014 und 2016 sind nur die prominentesten Beispiele. Ein kritischer Blick auf den Status Quo und die großen und kleinen politischen Eingriffe in die Immobilienwirtschaft zeigt: Gut gemeint ist manchmal eben das Gegenteil von gut.
Einkommensschwache Mieter und Familien haben das Nachsehen
Politiker betonen zwar, dass mehr bezahlbarer Wohnraum gebaut werden müsse. Die zunehmende Rechtsunsicherheit durch immer mehr Vorgaben und Gesetzesänderungen, Eingriffe ins Eigentum, sinkende Renditen sowie eine schleichende Enteignung durch die Mietpreisbremse ergeben jedoch enorme Vermögensrisiken für private Vermieter – die sich verständlicherweise zwei Mal überlegen, ihr Geld (und oft auch einen beträchtlichen Teil ihrer Altersvorsorge) in den Bau von Wohnungen zu investieren. Langfristig schadet das der Wählergruppe, die man ja eigentlich entlasten wollte: Ohne private Investitionen wird sich die Situation in den Ballungsgebieten nicht entspannen. Einkommensschwächere Mieter und Familien haben dann auf dem umkämpften Wohnungsmarkt, trotz Mietpreisbremse, weiterhin das Nachsehen.
Seggregation wird gefördert
Denn was die Politik erstens zu vergessen scheint: Private Eigentümer sind die wichtigste Säule des deutschen Mietwohnungsmarktes. Auf sie entfallen zwei Drittel der rund 22,3 Millionen Wohnungen. Ziehen sie sich aus dem Markt zurück, wird das nicht nur den Wohnungsbau hemmen, sondern auch das Verhältnis zugunsten professioneller Unternehmen verschieben. Die ersten Anzeichen sieht man schon jetzt: Während Quartiere früher von Mietshäusern einzelner Eigentümer und einer vielfältigen Anwohnerstruktur geprägt wurden, dominieren nun kommunale auf der einen und private Wohnungsbaugesellschaften auf der anderen Seite ganze Straßenzüge und Stadtteile. Das verstärkt das Risiko von Gentrifizierung und Segregation.
Falscher Fokus – Das Land mal wieder vergessen
Der zweite Punkt, den die Politik komplett aus den Augen verliert: Nicht einmal 30 Prozent des Gebäudebestandes befindet sich in den Ballungszentren. Die Konzentration auf die vermeintlichen Brennpunkte der Big 7 und deren beliebteste Stadtteile führt dazu, dass für einige wenige Viertel vielleicht nachvollziehbare gesetzliche Regelungen pauschal für das ganze Land angewendet werden. Große Teile Deutschlands haben jedoch ganz andere Probleme als überhöhte Mieten und eine extreme Nachfrage. Dort wird nach wie vor eher über Abriss gesprochen oder diskutiert, wie man Immobilien mit 40 Prozent Leerstand überhaupt noch bewirtschaften kann. Die Politik nimmt anscheinend nur die Probleme in ihrem direkten Umfeld wahr. Das ist ein klassisches „Elfenbeinturm-Eliten-Handeln“. Machtpolitischer Aktivismus, der einem nur sehr träge reagierenden Markt nicht hilft.
Konflikte werden nicht gelöst
Die letzten vier Jahre haben zudem gezeigt, dass bezahlbarer Wohnraum in Konflikt mit anderen politischen Zielen steht – und dabei oft den Kürzeren zieht. Die Energiewende beispielsweise hat tiefgreifende und vor allem teure Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft. In der letzten Legislaturperiode wurden die energetischen Anforderungen an Neu- und Bestandsbauten in Form von EnEV 2014 und EnEV 2016 gleich zweimal verschärft. Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit werden beim Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand eher vernachlässigt: Allein durch die EnEV 2016 steigen die Baukosten um rund 7 Prozent. Ein zusätzlicher Mietpreistreiber – und für Privatanleger noch ein Argument mehr gegen den Wohnungsbau.
Nachdem die Große Koalition wenig Positives gebracht hat, können Eigentümer im September 2017 wieder ihr Kreuzchen auf dem Wahlzettel machen. Schon jetzt positionieren sich die ersten Parteien mit Forderungen, die leider weiteren, eher kontra-produktiven Aktionismus erwarten lassen. In den kommenden Monaten werfen wir einen kritischen Blick auf die Wahlprogramme der Parteien und kommentieren, welche Konsequenzen die jeweiligen Pläne für die deutsche Immobilienwirtschaft und -investoren eigentlich hätten. Fest steht: Es wird spannend.
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