Lage, Lage, Lage – Der Standortfaktor hat nach wie vor entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Mieten und den Wert eines Objektes. Dabei spielt die Reputation der jeweiligen Nachbarschaft eine besondere Rolle. Der „soziale Status“ eines Viertels ist jedoch alles andere als in Stein gemeißelt und kann sich im Laufe der Jahre stark wandeln.
Hammerbrook etwa war bis zu den Luftangriffen der Alliierten im Juli 1943 ein beliebtes Wohn- und Arbeitsviertel mit mehr als 40.000 Einwohnern. In der Nacht zum 28. Juli 1943 wurde die Gegend, wie viele andere Teile des Hamburger Ostens, während eines Feuersturms jedoch nahezu komplett zerstört. Nach dem Krieg wurde dann entschieden, den Stadtteil als Industriegebiet wiederaufzubauen. Nun steht die nächste 180-Grad-Drehung bevor: Laut Stadtplanung soll Hammerbrook jetzt doch wieder ein Wohnviertel werden. Ob der Plan aufgeht, wird die Zeit zeigen, denn erstmal muss das Stigma eines charakter- und erlebnislosen Gewerbeviertels abgeschüttelt werden.
Ein weiteres Extrem-Beispiel ist Ottensen. Bis in die 1960er Jahre war der Stadtteil als „Mottenburg“ verschrien. Die Historie des wenig schmeichelhaften Spitznamens: Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich viele Glasbläser und Zigarrendreher in Ottensen angesiedelt, die aufgrund der Arbeitsbedingungen anfällig für Tuberkulose waren, die wie Motten Löcher in die Lungen fraß. Viele Familien lebten zudem in nassen, engen Kellerwohnungen, die das Infektionsrisiko nochmal erhöhten. In den 1970er startete dann die gezielte Sanierung des maroden Stadtbildes, die 80er markierten den Beginn der Gentrifizierung. Heute gehört Ottensen zu den beliebtesten Vierteln Hamburgs und viele Alteingesessenen befürchten, dass ihr Quartier sich zur neuen Wahlheimat der „Bionade Bourgeoisie“ und „Latte-Macchiato-Mütter“ entwickelt.
Die Geschichte der Hamburger Stadteile zeigt: Viertel verändern sich. Der verrufene Stadtteil von heute kann das hippe Viertel von morgen sein – und umgekehrt. Immobilieneigentümer brauchen deshalb eine Strategie, die sich flexibel anpassen lässt und ihnen – oder ihren Erben – über die Jahrzehnte gewisse Handlungsspielräume lässt.
Oliver Moll
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